Stellungnahme Teilrevision Epidemiengesetz

Gerne nehmen wir auf die von Ihnen gestellten Fragen wie folgt Stellung und stützen uns dabei auf die Struktur des Antwortformulars:

 

 

 

 

 

I.          Art. 70a-70f (Finanzhilfen an Unternehmen aufgrund von Massnahmen nach Art. 6c oder 7)

 

Massnahmen, welche der Bund während der besonderen oder der ausserordentlichen Lage ergreift, können für Unternehmen mit Umsatzeinbussen verbunden sein. Soll im EpG eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass der Bund betroffene Unternehmen mit Finanzhilfen unterstützen kann?

Es soll keine gesetzliche Grundlage geschaffen werden

Es soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Begründung: Mangels eines gesetzlichen Rahmens im EpG war die Verunsicherung zu Beginn der Corona-Pandemie in weiten Teilen der Bevölkerung und der (Kultur-)Wirtschaft sehr gross. Mit einer gesetzlichen Grundlage können dieser Unsicherheit entgegengewirkt und somit bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden.

 

Falls aus Ihrer Sicht im EpG eine gesetzliche Grundlage für solche Finanzhilfen geschaffen werden soll, inwieweit sind Sie mit den konkreten Inhalten der Art. 70a-70f einverstanden?

Vollständig einverstanden

Mehrheitlich einverstanden

Teilweise einverstanden

Nicht einverstanden

 

Vorbemerkungen der Taskforce Culture:

Der in Vernehmlassung geschickte Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für Finanzhilfen (Variante 2) lässt die wichtigen Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie ausser Acht.

 

So wurden sowohl im In- als auch im europäischen Ausland die in der Schweiz geleisteten Finanzhilfen als effizient, zielführend und unbürokratisch gelobt – auch einzelne Fälle von Missbrauch, die aufgedeckt werden konnten, ändern nichts daran, dass der «Schweizer Weg» während der Pandemie sowohl für die am stärksten betroffenen Branchen als auch für die Gesamtwirtschaft der richtige war. Insbesondere hat sich gezeigt, dass das Zusammenspiel von unterschiedlichen Massnahmen für die verschiedenen Branchen zielführend funktionierte. Wenn schliesslich die Covid-Pandemie etwas klar gemacht hat, dann dass in Notsituationen auch schnell gehandelt und reagiert werden muss. Es ist daher schlicht nicht nachvollziehbar, dass in der Revisionsvorlage diese sehr wirksamen Unterstützungsmassnahmen nicht abgebildet sind.

Der vorliegende Entwurf lässt dabei vollends ausser Acht, dass die einzelnen Branchen, je nach ihrer Funktionsweise, und je nachdem, wie ein Krankheitserreger übertragen wird, ganz anders durch staatliche Massnahmen betroffen sein können. Diese Unterschiede müssen so weit wie möglich bereits in der gesetzlichen Grundlage abgebildet werden, auf der Basis der während der Corona-Pandemie gemachten Erfahrungen. Die Pandemie hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass es vielen Unternehmen nicht möglich ist, ausreichende Reserven zu bilden, um für eine weitere Pandemie gewappnet zu sein. Zum einen sprechen rein ökonomische Gründe, wie der Verlust der Konkurrenzfähigkeit im internationalen Markt, dagegen und zum anderen auch rechtliche Vorgaben. So ist es beispielsweise den Kulturunternehmen, die staatlich unterstützt werden, schlicht untersagt, weitreichende Reserven anzulegen.

«Fehlende Reserven» bedeutet aber nicht, dass diese Kulturunternehmen nicht lebensfähig oder nicht notwendig wären. Im Gegenteil: Es sind wichtige Player, die Leute anstellen und den Kulturbetrieb am Laufen halten. Dies gilt gerade auch für KMUs im Bereich Bühnen-, Ton-, Lichttechnik und für Unternehmen in weiteren kulturnahen Arbeitsgebieten. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Unternehmen und Personen im Kultur- und Sportbereich nichtrückzahlbarer Finanzhilfen bedürfen, um ihre weitere Existenz während einer solchen Krise zu sichern. Ganz konkret mussten trotz Finanzhilfen zahlreiche Technikanbieter:innen wegen Corona schliessen. Dieses Manko ist heute noch in vielen Bereichen spürbar und führt derzeit immer noch zu Problemen bei aktuellen Kulturproduktionen.

Ebenfalls ausser Acht lässt der bundesrätliche Vorschlag, dass Unternehmen/Institutionen im Kulturbereich oft zu einem grösseren als im Entwurf festgelegten Anteil (10%) von der öffentlichen Hand getragen werden. Das ist typisch für den Kulturbereich und systemisch so angelegt. Der Entwurf greift hier deshalb zu kurz und muss entsprechend angepasst werden.

Nicht zuletzt ignoriert die Vorlage die Erkenntnis der ersten Wochen der Pandemie, dass nämlich nicht nur, aber gerade im Kulturbereich eine alleinige Absicherung der Unternehmen zu kurz greift. Es geht hierbei um Branchen, in denen ein substanzieller Teil der Akteur:innen als Einzelunternehmen (selbstständigerwerbend) oder in Mischformen tätig ist (während der Covid-Zeit waren dies insbesondere die Kultur, aber auch die Taxibranche sowie die Coiffeursalons). Um den Verlust von Knowhow, kultureller Vielfalt und langfristiger volkswirtschaftlicher Resilienz zu vermeiden, muss es möglich sein, auch Einzelunternehmen, bzw. Einzelpersonen oder auch Vereine abzusichern – wie dies der Bund während der Covid-Pandemie erfolgreich praktiziert hat.

Aus all diesen Gründen erachten wir es für notwendig, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, welche Finanzhilfen ermöglicht, wie sie während der Corona-Pandemie geleistet worden sind.

 

Art.

Rückmeldungen

Gegebenenfalls konkrete Anpassungsvorschläge

 

Überschrift zu 8a. Kapitel ist zu eingeschränkt und ist auszuweiten

Finanzhilfen an Unternehmen und Personen aufgrund von Massnahmen nach Artikel 6c oder 7

70a

Neuer Abs. 4, der ermöglicht, Unternehmen und Personen in besonders betroffenen Branchen, wie z.B. in Kultur und Sport, auch mit nichtrückzahlbaren Finanzhilfen zu unterstützen.

4 In Branchen, die in einer besonderen Lage aufgrund von Massnahmen nach Artikel 6c oder in einer ausserordentlichen Lage aufgrund von Massnahmen nach Artikel 7 überdurchschnittlich stark eingeschränkt werden, kann der Bund zugunsten der betroffenen Unternehmen und Personen in Abweichung der vorstehenden Absätze Finanzhilfen ausrichten.

70b

Neuer Abs. 3, der in Konsequenz des oben vorgeschlagenen neuen Art. 70a Abs. 4 alle Arten von Finanzhilfen zulässt.

3 Finanzhilfen nach Art. 70a Abs. 4 werden in Form von nichtrückzahlbaren Geldleistungen und von teilweise oder vollständig durch den Bund verbürgten Bankkrediten gewährt.

70c

Neuer Abs. 4, der in Konsequenz der oben vorgeschlagenen neuen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kanton alle Arten von Finanzhilfen zulässt.

Um klarzustellen, dass der Bund in den Bereichen, in welchen er alleinige Gesetzgebungskompetenz besitzt, auch weitergehen kann, als im neuen Art. 70c Abs. 4 vorgeschlagen, ist ein zusätzlicher Abs. 5 einzufügen.

4 An Finanzhilfen für Unternehmungen und Kulturschaffende in Form von nicht rückzahlbaren Geldleistungen nach Art. 70a Abs. 4 beteiligt sich der Bund zur Hälfte an den von den Kantonen zugesagten Beträgen.

5 Vorbehalten bleiben Finanzhilfen, die der Bund in Übereinstimmung mit der Kompetenzordnung zu grösseren Teilen oder vollständig trägt.

70d

Abs. 1 und Abs. 3 Bst. a sind so zu ergänzen bzw. anzupassen, dass sie mit den vorstehenden Anpassungen kompatibel sind.

1 Die zuständigen Behörden, Bürgen sowie deren beauftragte Dritte als auch die Kreditgeber und die Schweizerische Nationalbank können zur Verhinderung, Bekämpfung und Verfolgung von Missbrauch sowie zur Verwaltung, Überwachung und Abwicklung der Finanzhilfen Personendaten und Informationen, einschliesslich Daten und verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgung oder Sanktionen, sowie Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe, bearbeiten; sie können die Daten verknüpfen und sich gegenseitig bekannt geben.

3 Personendaten und Informationen, die folgende Inhalte aufweisen, dürfen nicht öffentlich zugänglich gemacht werden:

  1. die Identität und die Bankverbindungen der begünstigten Unternehmen und Personen;

70f

Abs. 1 Bst. a, b und i sind so zu ergänzen bzw. anzupassen, dass sie mit den vorstehenden Anpassungen kompatibel sind.

1 Der Bundesrat regelt in Form einer Verordnung:

  1. die Voraussetzungen für die Gewährung von Finanzhilfen einschliesslich der Befristung der Gesuchseinreichung für die Finanzhilfen sowie die Berücksichtigung anderer staatlicher Unterstützungsmassnahmen;
  2. die Art, die Bemessung und die Dauer der Finanzhilfen;
  1. die Auskunftspflichten und Mitwirkungspflichten von Bürgen, Kreditgebern, Finanzhilfeempfängern sowie deren Revisionsstellen;

 

II. Weiterer Anpassungsbedarf

Ebenfalls sehr zentral und wirksam während der Corona-Pandemie waren gesamtwirtschaftliche Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls (insbesondere für selbstständigerwerbende und arbeitgeberähnliche Personen) sowie Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Erleichterungen bei der Kurzarbeitsentschädigung KAE). Wir schlagen deshalb vor, entsprechende Anpassungen auf Gesetzesebene bereits vorsorglich vorzunehmen, damit die Instrumente im Falle einer Epidemie rasch aktiviert werden können.
 

a. Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls

Wir schlagen vor, gesetzlich festzuhalten, dass der Bundesrat die Ausrichtung von Entschädigungen des Erwerbsausfalls bei Personen vorsehen kann, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Massnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Epidemie unterbrechen oder massgeblich einschränken müssen.
Zu den Anspruchsberechtigten gehören insbesondere auch Selbstständige nach Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung.

Begründung: Selbstständigerwerbende haben keine Möglichkeit, sich gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Im Epidemiefall – wenn sie also aufgrund der Bewältigung der Epidemie Ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder massgeblich einschränken müssen – ist ihnen der Zugang zu Unterstützungsmassnahmen wie beispielsweise Kurzarbeitsentschädigung verwehrt. Gleiches gilt für die arbeitgeberähnlichen Personen. Deshalb braucht es hier eine auf sie zugeschnittene Unterstützungsmassnahme.

Alternativ – was u.E. auch sachlich und gesetzessystematisch einleuchtender wäre – soll es den arbeitgeberähnlichen Personen (z.B. Inhaber:innen eines Unternehmens, die in ihrer eigenen Unternehmung angestellt sind und Lohnbeiträge an die Arbeitslosenversicherung leisten) ermöglicht werden, Kurzarbeitsentschädigungen zu beantragen. Vgl. hierzu sogleich weiter unten.
 

b. Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung

Wir schlagen vor, insbesondere folgende Anpassungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982 (AVIG) für den Fall einer Epidemie und in Bezug auf die Kurzarbeitsentschädigung KAE vorzusehen:

  • Betriebe sollen für alle ihre Angestellten Anspruch auf KAE mit vereinfachtem Anmeldeverfahren beantragen und das summarische Abrechnungsverfahren anwenden können, unabhängig vom Anstellungspensum oder der Anstellungsform.

Begründung: Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig das vereinfachte Anmeldeverfahren und die summarische Abrechnung sind, um Stellen zu erhalten und Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden.

  • Arbeitgeberähnliche Personen sollen ebenfalls Zugang zu Kurzarbeitsentschädigungen haben.

Begründung: Arbeitgeberähnliche Personen leisten auf ihren Löhnen Beiträge an die Arbeitslosenversicherung. Um den Weiterbestand von Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern, ist ihnen im Falle einer Epidemie Zugang zur Kurzarbeitsentschädigungen zu gewähren, insofern sie ihren Erwerbsausfall nicht über die Erwerbsausfallentschädigung geltend machen können (vgl. hierzu weiter oben).

 

  • Personen, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen, sollen ebenfalls Zugang zur Kurzarbeitsentschädigung haben.

Begründung: Befristete (projektbezogene) Anstellungen sind insbesondere im Kulturbereich weit verbreitet (sog. Freischaffende). Es ist deshalb wichtig, dass im Epidemiefall für diese Angestellten auch Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden kann. Dies hat sich während der Covid-19-Pandemie sehr bewährt.

 

 

 

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